Harley-Davidson im steten Sinkflug

Harley-Davidson steckt ganz offensichtlich in einer massiven Krise und findet bis anhin kein Rezept dagegen. In den vergangenen 10 Jahren ist der Absatz in Deutschland und der Schweiz kontinuierlich um über 50%-70% geschrumpft.

Harley-Davidson ist der Traum jeden Mannes, zumindest galt dies für eine gewisse Zeit, vielleicht auch nur für eine gewisse Generation, denn seit 10 Jahren kennt Harley-Davidsons Absatz nur eine Richtung und zwar abwärts. Wurden 2014 noch 3464 Modelle in der Schweiz verkauft, waren es 2023 gerade noch 1237 Stück und alles deutet daraufhin, dass 2024 nur noch rund 1125 Modelle verkauft werden. Anders ausgedrückt, in den vergangenen 10 Jahren hat Harley-Davidson in der Schweiz fast 70% seines früheren Absatzes verloren! Selbst als alle Motorradmarken wegen der Coronakrise deutlich mehr Motorräder verkaufen konnten, flachte Harleys Absatz weiter ab. Und das ist kein Problem, das nur in einem einzigen Land auftaucht, Harley-Davidson verliert weltweit massiv an Absatz. In der Schweiz kann man von rund 70% Absatzschwund sprechen, in Deutschland von rund 50% und weltweit sind 2023 rund 45% weniger Motorräder von Harley-Davidson verkauft worden als noch vor 10 Jahren. Harley-Davidson und seine Führungscrew stehen mächtig unter Druck. Was ist der Grund für diesen stetigen Abwärtstrend und gibt es ein Rezept für den amerikanischen Hersteller?

Jahr
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
2021
2022
2023
Schweiz
3464
3384
3032
2870
2694
2031
1972
1799
1387
1237
Welt
329776
179984

Quellen: Industrie-Verband Motorrad Deutschland e.V. für den deutschen Markt, Vereinigung Schweizer Motorrad-Importeure für den Schweizer Markt

Ein kurzer Blick zurück

Ohne jetzt die Statistik der vergangenen 50 Jahre zu studieren, aber eines ist sicher, vor 50 Jahren war Harley-Davidson in Europa und der Schweiz praktisch eine Unbekannte. Harley-Davidson baute damals qualitativ schlechte Motorräder und hatte selbst auf dem Heimmarkt praktisch keine Chance gegen das Aufkommen der japanischen Motorräder, was die Firma beinahe die Existenz kostete. Optisch waren die schwerfälligen Maschinen kein Hingucker zu dieser Zeit. In den 80er Jahren waren Harleys vielleicht bei Zuhältern oder Rockern angesagt, aber sicherlich nicht bei normalen Bikern. Kein Thema zu dieser Zeit. Zudem hatte der Kickstarter – es gab noch keinen elektrischen Starter damals – einen derart heftigen Rückschlag, das man sich beinahe das Knie brach. Erst mit der Einführung der Softail-Serie Mitte der 80er Jahre und Modellen wie Fatboy in den 90er Jahren konnte Harley-Davidson endlich Boden gut machen und sich bei den schweren Maschinen etablieren.

Schwere Maschinen für schwere Kerle

Jede Marke hat ein Image, so auch Harley-Davidson. Harley-Davidson repräsentiert heute schwergewichtige Choppermaschinen für schwere Kerle, die Macht demonstrieren und es gemütlich nehmen. Harley-Biker sind keine schmalbrüstige Bürschlein mit gehetztem Gesichtsausdruck und nervös zuckenden Knie. Die Typen, die Harley fahren, sind souverän, cool und in der Regel schwer gebaut. Dieses Image, das an Rockerbanden erinnert, hat sich in der Bevölkerung und auch in Bikerkreisen eingeprägt. Stand KTM imagemässig früher für Motocross-Maschinen, Honda für den Rennzirkus und Yamaha für Enduros und kräftige Strassenmaschinen, so stand und steht noch heute Harley-Davidson für harte schwere Kerle und pflegt bewusst oder unbewusst noch immer das Rockerimage.

Ursachenforschung & Marktkonzepte

Etwas ist sicher, gleich ob Harley-Davidson eine professionelle Marktforschung durchgeführt hat oder nicht, die Entscheidungsträger bei Harley-Davidson haben nicht verstanden, was ihren Absatzschwund verursacht oder haben kein Rezept dagegen gefunden. Es scheint, als ob Harley-Davidson die Kunden ausgehen würden, es scheint an Nachwuchs zu fehlen. Wie viele jungen Biker entscheiden sich für Harley-Davidson? 1%? 2%? Null? Ich weiss es nicht, aber viele scheinen es nicht zu sein. Ob das mit dem Image zusammenhängt oder ob das mit den wahrlich gepfefferten Preisen von Harley zu tun hat. Harley-Davidson Maschinen bewegen sich zwischen CHF 25’000  bis 50’000 und nicht zwischen CHF 5’000 bis 10’000. Damit spricht Harley-Davidson von Grund auf eine kaufkräftige Schicht an. Der Service ist entsprechend teuer und man muss mit erheblichen Wartezeiten rechnen. genau so etwas hat man bei den Japanern eben nicht. So verwundert es eben auch nicht, dass sich mehrheitlich „Goldenager“, also Biker ab 50 Jahren, dieses Hobby leisten. Und selbst bei dieser Käuferschicht scheint die Lust auf teure Motorräder und besonders langwierige und kostspielige Reparaturen mit dem stets gleichen Look nachgelassen zu haben. Harley-Davidson muss sich schleunigst etwas überlegen, will es weiterhin mit stolzen Preisen den Kunden das Geld aus der Tasche ziehen.

Strategische Fehler und arrogante Händler

Harley-Davidson hat wohl versucht, mit dem ersten elektrischen Modell Livewire oder dem jüngeren Enduro-Modell Pan America neue Käuferschichten anzusprechen, doch das scheinen wohl eher Rohrkrepierer geworden zu sein. Zum einen gibt es bessere Anbieter für Enduros, zweitens ist Harley immer zu teuer im Vergleich mit Japanern und drittens passt ein Elektromotorrad überhaupt nicht zu Harley-Davidson. Harley-Davidson sollte endlich wieder einmal ein neues bulliges Modell auf den Markt bringen wie vor über 10 Jahren das Modell Break Out. Vor über 30 Jahren das Modell Fat Boy und vor über 10 Jahren das Modell Break Out, das ist nicht wirklich viel Abwechslung für eine Käuferschicht, die für viel Geld auch immer was Neues und Ansprechendes erwartet. Harley ist schlicht und einfach zu wenig kreativ und produktiv.

Wenn man dann noch erlebt, wie einzelne Harley-Davidson-Händler an Arroganz nicht zu überbieten sind – ich spreche hier meine persönlichen Erfahrungen im Schweizer Markt an – dann darf man sich nicht wundern, wenn die Leute keine Lust haben, diese Läden aufzusuchen. Für Arroganz und Selbstgefälligkeit zahle ich nichts! Die mitunter masslose Arroganz und Unfreundlichkeit von Harley-Davidson Händlern, die ich in der Schweiz mehr als einmal erlebt habe, sind Eigenschaften, die Menschen davon abhalten, bei Harley-Händlern reinzuschauen.

Fazit

Harley-Davidson muss Gas geben, es ist an der Zeit. Wollen die Jungs aus Milwaukee noch die Kurve kriegen, müssen sie an verschiedenen Schrauben drehen, will man zurück auf die Strasse des Erfolgs. Zum einen müssen sie ernsthafte Kracher auf den Markt bringen, die schwere Jungs ansprechen. Ich will kein Scheiss Elektromotorrad oder Damenrad aus Milwaukee, fehlt noch ein Motorrad für Transgender! Darüber hinaus müssen sie über ihre stolze Preiskultur nachdenken. Mit diesen Preisen gewinnen sie keine jungen Käufer. Dann sollten sie schnell damit aufhören, die Japaner zu imitieren mit so dummen Konzepten wie z.B. die Reiseenduro Pan America, das machen alle anderen Marken besser. Und sie müssen schon längst die manchmal schier endlose Arroganz, wie man es in der Schweiz erleben kann, aus ihren Händlern rausprügeln und mit echter Freundlichkeit punkten. Das herablassende Verhalten solcher Händler hat viele Käufer vergrault. Als Kunde habe ich keine Lust, Gewohnheitsrassisten, Hinterwäldler-Nazis oder Egomanen mit meinem Geld zu unterstützen, welche Motorradhändler „spielen“ und in der Branche der Freiheit eigentlich nichts verloren haben. 

Redet halt einmal mit euren Kunden, liebe Jungs von Harley-Davidson, und betrachtet sie nicht als hirnlose Idioten, denen man einfach das Geld zur Tasche rausziehen kann. Wer viel Geld zahlt, erwartet auch viel, und dazu gehören bei einem Motorradhersteller optisch einzigartige attraktive Modelle, die zum Image der Marke passen, einen Superservice bei den Händlern ohne unverschämte, versnobte „Warten Sie einmal 180 Tage, bis sie dran kommen“-Allüren, nachvollziehbare akzeptable Preise und freundliche, menschlich aufgeschlossene Händler und nicht Vollblutnazis, die im geheimen jeden Sonntag „Heil Hitler“ singen oder anderswie Durchgeknallte und Profisnobs, die nach dem Motto leben „Schaut her, ich bin König Louis XV, verbeugt euch“, wie man sie in der Schweiz immer wieder einmal antrifft. Wenn Harley-Davidson für echte Biker und Harley-Liebhaber arbeitet, wird der amerikanische Motorradbauer wieder zum alten Erfolg zurückfinden. Also bessere Bikes, bessere Preise, besserer Service und bessere Händler, dann klappt’s! Viel Glück dabei!

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