Test der Harley-Davidson Sportster S

Bei kühlenden und regnerischen Tagen Ende September durfte ich die neue Harley-Davidson Sportster S testen. Ein topmodernes, geradezu futuristisches Design, das vollelektronische Display mit umfangreichem Menü und drei wirkungsvolle Fahrmodi für Regen, trockene Fahrbahn und Sport sprechen für die Zukunftsorientierung dieses Modells. Daran werden junge Fahrer und Harley-Einsteiger ihre wahre Freude haben.

Die neue Sportster S von Harley-Davidson ist keine Harley der alten Schule: Kein mächtiger Sound, kein angsteinflössender Auftritt, aber topmoderne Features, die beinahe an ein Bike in einem Science Fiction erinnern vermögen. So etwas spricht junge Fahrer an. Sie sind es sich gewohnt, mit dem Handy zu hantieren und Menüs durchzustapfen, das stinkt einem alten Motorrad-Bär. Das Design überzeugt auch von A-Z. Damit ist Harley-Davidson ein echtes Glanzstück gelungen. Imposant wirkt vor allem aus der Fahrerperspektive der ultradicke Vorderpneu, echt ungewöhnlich. Doch die schnittigen kurzen Schutzbleche bergen auch einen kleinen Nachteil: bei nasser Fahrbahn bekommt man den Dreck von der Strasse an den Rücken gespritzt. Doch so etwas schreckt echte Biker kein Stück ab.

Erstmals aufgesessen

Bevor man auf die neue Sportster S sitzt, dreht man eine Runde ums Motorrad und betrachtet das gute Stück von allen Seiten. Dabei zaubert einem das Design ein echtes Lächeln ins Gesicht. Der markante Schriftzug auf dem Tank spricht Bände, das ist wirklich ultramodern. Der hochgezogene Doppel-Auspuff ist so gar nicht Harley-Design und erinnert eher an Rennsport oder Enduros und das macht das Gesamtpaket optisch umso spannender. Auch das „schwebende“ Rücklicht ist ein Design-Schmankerl der Extraklasse. Harley-Davidson hat hier nichts ausgelassen, um der Sportster S mit zahlreichen Design-Bravourstücken die Note exzellent zu verleihen. Die tiefe Linie, die dicken Reifen und das bullige Erscheinungsbild machen den Sportster S so richtig rockig. Und wer die Zündung einschaltet, staunt nicht schlecht: Auf dem runden Tacho bzw. Display zeigt sich nicht ein herkömmlicher Tacho, sondern es läuft eine Animation mit dem Harley-Logo ab und es erscheint alsbald ein elektronischer Tacho und eine Warnmeldung „Warnung SEIT.ST UNT“, was so viel bedeutet wie „Achtung, der Seitenständer unten ist noch ausgeklappt“, womit eine erfolgreiche Startzündung nicht möglich ist. Elektronisches Display schön und gut, doch der Witz dabei ist, dass man sich mittels Bedienelemente durch verschiedenste Menüs durchdrücken kann, sogar hin bis zur Fehlerdiagnose des Bikes.

Erstmals gefahren

Wer den Motor startet, wird nicht zu hören bekommen, was man sonst von einer Harley erwartet. Kein dumpfes, lautes Tuckern oder Brummen, eher ein Scheppern dröhnt von unten herauf, das mit jedem Gaszug wieder besser wird und kräftiger klingt. Der Kupplungshebel liegt an der richtigen Stelle und hat die richtige Grösse, da stört nichts, sondern das passt, Gang einlegen und los. Mit 76.5 cm Sitzhöhe ist die Sportster S spürbar höher als die neue Nightster, doch sicherlich nicht hoch. Durch das für Harleys relativ geringe Gewicht von 228 kg ist sie immer gut manövrierfähig. Und was mir bei Harley immer gut gefällt: Man kann sich als Fahrer blind drauf verlassen, dass es sich gleich gut anfühlt, wenn man aufsitzt und losfährt. Die Jungs haben ein echt gutes Gespür für den Biker, dessen Sitzposition und Fahrerlebnis. Noch nie hat sich für mich etwas schräg oder komisch angefühlt, wenn ich auf eine Harley sass und losfuhr. Darauf kann man sich bei Harley-Davidson echt verlassen. Der neue Revolution Max 1250 T-Motor leistet mit 122 PS und 125 Nm deutlich mehr, als er muss. Die volle Leistung kitzelt man aus dem Teil im normalen Strassenverkehr eh nie heraus, doch die brachiale Leistung spürt man mehr als deutlich, wenn man den Gashahn voll aufdreht. Trotz der dicken Pneus ist das Handling der Maschine leicht, die Kurvenlage kein Problem, doch auch hier macht die Übung den Meister, denn jede Geometrie ist wieder anders. Ein kleine Gang-Anzeige verrät dem Fahrer bei der Fahrt, welchen Gang er gerade eingelegt hat, das ist manchmal hilfreich. Das Tempo wird auf dem runden Display mit grossen digitalen Zahlen angezeigt: Sehr übersichtlich, das muss man schon sagen. Überaus bemerkenswert ist auch die Auspuff-Anlage der Sportster S. Nicht nur dass sie optisch auffällt, weil sie gegen oben gezogen wurde, nein auch die Verschalung sorgt dafür, dass man sich nie verbrennt, weil man unbeabsichtigt ans Auspuffrohr kommt (anders bei der Nightster). Das Ganze sieht also nicht nur genial aus, es ist auch genial.

Die Sportster S ist sportlich und ultraelektronisch

Die neue Sportster S fühlt sich sportlich und windschlüpfrig an, mit ihr gibt man Gas und liegt schräg in die Kurven, als wäre es eine Japanerin. Die Federung ist ebenso sportlich und etwas hart. Auf rauhem Untergrund und schlecht gewarteten Strassen zeigt sich dies negativ mit direkten Stössen in den Rücken. Die straffe Federung ist zwar sportlich und verleiht dem Fahrer eine gute Kontrolle, andererseits ist sie nichts für Leute, die einen hohen Komfortanspruch haben oder die keine Rückschläge in den Rücken vertragen. Auch an dieser Stelle wird einmal mehr deutlich, dass dieser sportliche Teufel für junge Fahrer gedacht ist, die in die Welt der Harleys zwar einsteigen wollen, ohne aber auf modernste Features und Sportlichkeit zu verzichten. Auch die umfassende Elektronik wird jungen Fahrer ansprechen und die umfangreichen Features, die man einstellen und durchleuchten kann. Auch die neuen Fahrmodi – für Regen, trockene Fahrbahn oder Sport – werden begeistern, und zwar nicht einfach, weil sie vorhanden sind, sondern weil sie auch spürbar sind. Diese Fahrmodi, die man einst bei den SUV einsetzte und die es nun sogar zu den Motorrädern geschafft haben, sind echt eine Bereicherung. Gerade an den verregneten Tagen Ende September zeigte sich der „Regen“-Fahrmodus als besonders  hilfreich, da das Motorrad bei gleich offenem Gashahn deutlich weniger Schub entwickelte als beim Modus für die Strasse oder Sport. Gerade bei Regen kann die Traktion und das Drehmoment entscheidend darüber sein, ob das Hinterrad seinen Halt verliert oder eben nicht. Diese Fahrmodi, die mit einem leichten Tippen bei den rechten Bedienelementen zu wechseln sind, sind eine echte Unterstützung und Sicherheitsfeature für den Fahrer. Davon kann es nie genug geben. Andererseits muss man auch eingestehen, dass die neue Elektronik auch bei Harley noch einige Kinderkrankheiten aufweisen kann. So setzte der Motor Sportster S am Abend nach einem völlig verregneten Tag, an dem sie dem Regen den ganzen Tag ausgesetzt war, unerwartet aus, kaum hatte ich sie gestartet und war ein paar Meter gefahren, und sie konnte im Regen nicht mehr gestartet werden. Das war zwar eine Ausnahme, aber da hilft eine Pannenversicherung bei Harley-Davidson. Ein paar Stunden später war der Spuck vorbei und alles lief wieder, als wär nichts gewesen. Sie hatte vielleicht irgendwo etwas zu viel Wasser abbekommen.

Für junge Fahrer und Einsteiger geschaffen

Alte Harley-Hasen werden sich kaum für die neue Sportster S interessieren. Zu weit auseinander liegen die Ansprüche und Vorstellungen erfahrener Harley-Fahrer und die von Fahrern von schweren Cruisern von einer Harley und der Realität der Sportster S. Die Harley-Davidson Sportster S ist ein teuflisches Geschoss mit einem Hammerdesign, modernsten Features, 1a-Elektronik und einem hohen Mass an Sportlichkeit. Der Racemodus, den sie gepachtet hat, paart sich mit dem Kult von Harley-Davidson und führt junge Fahrer in die heavy Welt der Harleys ein, ohne dass ihre Wünsche dabei auf der Strecke bleiben. Wer jung ist oder junggeblieben, dem wird die neue Sportster S sicherlich gefallen.

TECHNISCHE DATEN
MOTOR
Typ
Revolution™ Max 1250T
Hubraum
1252 ccm
Kompression
12,0 : 1
Nenn-Leistung
122 PS bei 7’500 U/Min
Max. Drehmoment
125 Nm
KRAFTSTOFF
Gemischaufbereitung
Sequentielle elektronische Kraftstoffeinspritzung (ESPFI)
Tankinhalt
11.8 Liter
Verbrauch
5.1 Liter/100 km
FAHRWERK, MASSE
Radstand
1520 mm
Länge
2270 mm
Lenkkopfwinkel
30 Grad
Nachlauf
148 mm
Sitzhöhe
765 mm
Gewicht
228 kg
FEDERUNG
Federung vorne
Upside-Down-Gabel, 43 mm, mit einstellbarer Federvorspannung und einstellbarer Zug- und Druckstufe der Dämpfung. Gabelbrücken aus Aluminium.
Federung hinten
Über Umlenkhebel angelenktes Zentralfederbein mit außenliegendem Ausgleichsbehälter, hydraulisch einstellbarer Federvorspannung sowie einstellbarer Druckstufe und Zugstufe der Dämpfung
RÄDER, BREMSEN
Rad vorne
Aluminiumguss, satinschwarz
Reifen vorne
160/70TR17 73V
Rad hinten
Leichtmetallgussrad, satinschwarz
Reifen hinten
180/70R16 77V
Bremsen vorne
Radial montierte Vierkolben-Monoblock-Festsattelbremse
Bremsen hinten
Einkolben-Schwimmsattelbremse
ELEKTRISCHE ANLAGE
Leuchten (gemäss Ländervorschrift), Kontroll- und Warnleuchten
LED-Scheinwerfer, Fahr- und Fernlicht mit Signature Tagfahrleuchten. LED-Schluss-/Bremsleuchte mit Signature Rückleuchten, LED Bullet-Blinker vorn und hinten
Instrumente
TFT-Display mit 4-Zoll-Anzeigebereich, Tachometer, Ganganzeige, Kilometerzähler, Tankanzeige, Uhr, Tageskilometerzähler, Umgebungstemperaturanzeige, Warnung vor niedrigen Temperaturen, Seitenständerwarnung, Umkippwarnung, Anzeige für Geschwindigkeit, Reichweite und Drehzahl BT-kompatibel – Telefonkopplung für den Zugriff auf Anrufe, Musik, Navigation (NUR H-D App)
Bildschirmgrösse
109 mm
Typ
Farb-TFT
PREIS
PREIS
CHF 18’500 Vivid Black, CHF 18’800 Farbe

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